Angepeitscht vom Puls der Pauke
Das „Concerto“ der Stadtkapelle Kirchheim hatte viele Besonderheiten zu bieten.
Für die packende Wiedergabe der kolossalen Klanggemälde gab es stürmischen Applaus.
Die Kirchheimer Stadtkapelle hat in ihrem Konzert alle Register gezogen. Etliche Werke ließen die Musiker und Musikerinnen in all ihren Facetten erstrahlen.
Wenn Musikfreunde ein Konzert der Stadtkapelle Kirchheim besuchen, erwarten sie Besonderes. Zu Recht – schließlich zählen die Kirchheimer Stadtmusiker zu den führenden Vereinsorchestern im Süddeutschen Raum. Diesen hervorragenden Ruf stellten sie am Samstagabend beim traditionellen „Concerto“ in der Kirchheimer Stadthalle erneut unter Beweis.
Das anspruchsvolle Konzertprogramm stand ganz im Zeichen des Deutschen Musikfests 2025, das Ende Mai in Ulm und Neu-Ulm stattfindet. Bei diesem Mega-Event der Blasmusik werden sich die Kirchheimer im Konzertwettbewerb mit den besten deutschen Blasorchestern einer international besetzten Jury stellen.
Gelungene Generalprobe
Für die Stadtkapelle war das „Concerto“ eine gelungene Generalprobe. Besonders beeindruckend gelang die Wiedergabe von Bart Picqueurs „Sinfonietta #“, einem äußerst fordernden Werk, das die Kirchheimer für den Wettbewerb als Selbstwahlstück ausgesucht haben.
Der belgische Komponist stellte den Bläsern und Schlagzeugern hohe Hürden, angefangen mit dem Unisono-Beginn in tiefer Lage, der in puncto Intonation und Klangmischung enorme Anforderungen stellt. Weiter geht es mit einer Fülle farbiger Momente, die den Orchestersolisten Raum für brillantes Bläserspiel geben. Und natürlich darf auch dramatische Wucht nicht fehlen: Gewaltig auftrumpfende Tutti-Passagen münden in ein grandioses Finale mit einem klangprächtigen Orgelchoral.
„Picqueur hat mit dem 23-minütigen Werk eine komprimierte Fassung seiner großen ersten Sinfonie 1 geschaffen, die das Material auf ein Minimum reduziert, jedoch weit mehr als eine bloße Verbindung von Fragmenten ist“, erklärte Stadtmusikdirektor Marc Lange in einer Werkeinführung vor dem Konzert. Die Stadtkapelle hatte er bestens vorbereitet: Das Werk erstrahlte in all seinen Facetten und der Spannungsbogen zog sich von der ersten bis zur letzten Note durch.
Beeindruckend erklang auch das Wettbewerbs Pflichtstück „Turbulences“ von Alexandre Kosmicki. In diesem energiegeladenen Werk voller rhythmischer Pointen zog die Stadtkapelle, angefeuert vom motivierenden Dirigat Langes, alle Register. Rastlos drängten die melodischen Fragmente vorwärts und die Pauke gab den ostinaten Puls vor, über dem sich zauberhafte Holzbläsersoli entfalteten. Mit ihrer unbändigen Energie fesselte die Musik die Zuhörer, und nach harten Tuttischlägen des Orchesters ging es mit gewaltigem Drive in die finale Stretta.
„Heute in Bestform“
„Es ist ein komplexes Programm, das mich begeistert. Die Stadtkapelle musiziert heute in Bestform“, sagte Matthias Kopf, ein Zuhörer, der den Vorträgen aufmerksam lauschte. Auch an der „Saga Candida“ von Bert Appermont hatte er seine Freude. Man hörte betörende Soli von Englischhorn und Flöte, geschmeidiges Saxophonspiel und brillante Einwürfe der Blechfraktion. Für die packende Wiedergabe des kolossalen Klanggemäldes gab es stürmischen Applaus.
Auch der zur Eröffnung gespielte Klassiker der Blasorchesterliteratur, Alfred Reeds „The Hounds of Spring“, kam beim fachkundigen Publikum gut an. In dieser 1980 uraufgeführten Komposition stützt sich Reed auf ein Liebesgedicht von Algernon Charles Swinburne. Die leichte, tänzerisch anmutende Tonsprache illustriert die Frühlingsgefühle eines frisch verliebten Paars mit quirligem Laufwerk, aber auch schwelgerischer Sentimentalität treffend. Die Kirchheimer Musici spielten wie entfesselt auf: Locker perlten die virtuosen Girlanden, die Dynamik wurde differenziert umgesetzt, und Marc Lange koordinierte die Abläufe souverän.
Nach so viel brillanter Blasmusik gab es mit „The Seal Lullaby“ ein gesangliches Stück als beruhigende Zugabe.